Sonnenfinsternis vor 200 000 Jahren: Unsere Vorfahren verstecken
sich verängstigt.
Sonnenfinsternis vor 20 000 Jahren: Unsere Vorfahren fürchten sich, sie vermuten böse Geister oder den erzürnten Sonnengott als Verursacher. Weil dieses Ereignis nur im Abstand von einigen Generationen auftritt, trifft es die Menschen unvorbereitet.
Sonnenfinsternis vor 5000 Jahren: Das Ereignis hat noch immer
eine Schockwirkung, einige (z.B. Priester) wissen bereits um die
Überlieferung solcher Ereignisse aus früheren Zeiten. Unerklärliche,
relativ seltene Naturereignisse (wie z.B. Flutkatastrophen oder Dürreperioden)
sind in die Volksmythen eingeflossen. Sie werden vorzugsweise erzürnten
Gottheiten oder Geistern in die Schuhe geschoben, die man dann durch Opfer
zu besänftigen suchte.
Es ist aber auch zu vermuten, dass man in den hochentwickelten Kulturen
diese Zeit (die Ägypter kannten bereits Planetenbahnen) schon
um die Ursachen einer Sonnenfinsternis wusste, bzw. diese vorausberechnen
konnte.
Sonnenfinsternis zu biblischen Zeiten: Diese fiel vermutlich
aus, aber Moses konnte bereits auf eine unerschöpfliche Menge von
Mythen und Legenden zurückgreifen. Diese beherrschten das Leben der
Menschen. Der Zeitgeist.
Das Alte und das Neue Testament dokumentieren diesen Zeitgeist, denn
nur mit solchen überlieferten (und aus dem Leben gegriffenen)
Legenden, die jetzt Ereignissen aus der biblischen Zeit oder dem neu entdeckten
biblischen Gott zugeordnet wurden, konnten die Menschen beeindruckt - bzw.
überhaupt erreicht - werden.
Der wundersame Stoff reichte aus, um die Christen über fast zwei
Jahrtausende einzuschüchtern. Aber möglicherweise
nur, weil die Menschen dazu gezwungen wurden. Sonst hätten sich die
biblischen Wunder vermutlich ebenso erledigt, wie die des Odysseus auf
seinen Irrfahrten. Homer schrieb zu biblischen Zeiten und nach dem
gleichen Prinzip: Wer nicht fantasierte was das Zeug hält, fand weder
Leser noch Zuhörer. Odysseus und seine Jungs hatten sich vermutlich
etwas verfranst, irgendwo mit Weibern rumgemacht und dann ordentlich Seemannsgarn
gesponnen, damit die Ehefrauen keine Fragen stellen. Der Zeitgeist, s.
oben.
Aber wir müssen trotzdem nicht fürchten,
in Schweine verwandelt zu werden. Auch nicht vorübergehend. Aber die
Angst vor der Hölle beschleicht noch viele Zeitgenossen.
Sonnenfinsternis im Jahre 1999 n. Chr.: Diese Angelegenheit hat sich inzwischen geklärt, aber nicht wenige Zeitgenossen (in Deutschland vermutlich einige Millionen) betrachten die biblischen Inhalte mit ihren (inzwischen auch weitgehend geklärten) Wundern und Drohungen noch immer uneingeschränkt als (des biblischen!) Gottes Wort.
Aber tief im Innersten sehen viele Menschen
- auch in unserer angeblich aufgeklärten Gesellschaft - eine Sonnenfinsternis
so kurz vor der Jahrtausendwende - als Zeichen bevorstehender Endzeitszenarien.
Zu tief steckt die Einschüchterung als Ergebnis frühkindlicher
religiöser Prägung bzw. die Macht unserer Erbanlagen. Dabei gibt
es alle zwei Jahre eine Sonnenfinsternis auf der Erde und der Jahrtausendwechsel
ist ein Problem des selbstgemachten Kalenders, allenfalls das einiger Rechnerprogramme.
Aber auch bei dem letztgenannten Problem bevorzugen
viele Menschen die Vision eines durch technische Katastrophen ausgelösten
Weltunterganges. "same procedure as every year" ist zuwenig.
Eine Anmerkung nach dem 11. August 1999:
Es war wirklich beeindruckend (im Kernschatten)!