Goethe kam durch Beobachtungen zu diesem Schluss, heute kann dies durch
die Forschung belegt werden. Man geht aber heute davon aus, dass ein weitaus
größerer Teil unseres Verhaltens als bisher angenommen, genetisch
festgelegt ist. In unserem Verhalten kommt die Erblast der Evolution
zum Ausdruck, wobei der Einfluss der letzten Epochen besonders deutlich
sichtbar ist: Die Säugetierzeit (das Leben in der Herde, Horde)
und die Zeit des frühen Menschen (das Leben in der Kleingruppe)
als Sammler und Jäger. S. dazu auch Kapitel "Über menschliches
Verhalten", im Abschnitt "von Reptilien, Säugetieren und Primaten".
Neben unzähligen interessanten Publikationen zu diesem Thema befasst
sich z.B. Rudolf Heyne (Radeberg) in "Die halben Wahrheiten der
Überzeugten" mit dieser Problematik, oder Franz M. Wuketits
in: Naturkatastrophe Mensch. (S. Literaturverzeichnis)
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass diesem Triebverhalten nur
mit dem rationalen Verstand, der Vernunft, begegnet werden kann. Dies mag
dem einzelnen Menschen hin und wieder gelingen, die Menschheit insgesamt
scheint damit ziemlich erfolglos geblieben zu sein. Weist man die Menschen
auf diese unselige Prägung aus der Vergangenheit hin, empfinden sie
dies als Kränkung. (S. auch Literaturverzeichnis: Vollmer:
Die
vierte bis siebte Kränkung des Menschen).
Die
Menschen, die bei ihren geliebten Haustieren oder bei einer bestimmten
Tierart im Zoo glauben, menschliche Verhaltensweisen erkennen zu können,
betrachten die Welt aus der falschen Perspektive. Sie gucken, aber sie
sehen nicht. Denn der Abstand von nur knapp 2% zu unseren nächsten
Verwandten ist im Säuglingsstadium deutlich sichtbar geblieben.
Lesen Sie zu dieser Thematik auch den Aufsatz von Dr. Michael Schmidt-Salomon:
Die
Entzauberung des Menschen.
Wir haben gelernt, dass die Bewältigung der Vergangenheit eine Voraussetzung zur Bewältigung der Zukunft ist. Dies gilt aber nicht nur für die Geschichte des Dritten Reiches, es gilt auch für die unselige Vergangenheit des Christentums, es gilt aber vor allem für unsere evolutionäre Entwicklungsgeschichte. Nur wenn die Aufklärung über die Ursachen menschlichen Verhaltens schon in der Schule erfolgt, hätte jeder einzelne Mensch die Chance, schon in jungen Jahren an dieser Vergangenheitsbewältigung zu arbeiten. Das gezielte Einsetzen des Verstandes zur Überwindung von in der Konsequenz unerfreulichen Trieben setzt das Bewusstsein über diese vorgenannten Zusammenhänge voraus.
Statt dessen wurden menschenverachtende Ideologien, Intoleranz
und Abhängigkeit in Religionen eingebettet vermittelt und die Menschheit
hat mit diesem Rüstzeug traurige und entsetzliche Rekorde aufgestellt.
In anderen Kapiteln dieser Heimseite wurde der Gedanke entwickelt, dass
das Glaubensbedürfnis von der Evolution angelegt wurde, weil dies
für unsere Vorfahren überlebenswichtig war. Genau darin ist einweiteres
Dilemma der Menschheit begründet: Wenn ein religiöses Weltbild
überlebenswichtig ist, so wird klar, dass der Mensch dafür kämpft
- und in der Konsequenz - auch dafür stirbt und mordet. Daher kann
mit Religion Macht ausgeübt und gesichert werden, was das organisierte
Christentum über anderthalb Jahrtausende blutig unter Beweis stellen
konnte. Die Macht des Glaubens beruht also ebenfalls auf genetisch bedingten
Verhaltensweisen und wird mit dem Verstand, der Vernunft, konfrontiert(
s. Kapitel: Über religiöse Weltbilder)
Ein Durchbruch zum Besseren ist nicht in Sicht, obwohl es Wege
gäbe. Aber dies weiterhin dem Zufall zu überlassen, birgt Risiken.
Hier kann man sich auch nocheinmal deutlich machen, dass eine multikulturelle
Gesellschaft von der Natur nicht vorgesehen wurde, sondern nur nach den
Regeln und dem Verhaltensmuster der Vernunft stabilisiert werden kann.
Und von solchen Fähigkeiten ist die Menschheit noch immer weit entfernt.
Es ist präziser, von einem Kulturbedürfnis zu sprechen
(s. Literaturverzeichnis: John C. Eccles, 1989: Die Evolution
des Gehirns- die Erschaffung des Selbst). Das Gehirn ist zum
Zeitpunkt der Geburt nicht nur zum Erlernen einer Sprache vorbereitet,
es "erlernt" auch die Kultur (mit ihren Wertvorstellungen)
in die der Mensch hineingeboren wird. Beides ist zum Leben in der Gemeinschaft
gleichermaßen erforderlich. Von der Macht der frühkindlichen
Prägung wurde schon gesprochen. Nur in relativ wenigen Fällen
wird der Mensch die Kultur, in die er hineingeboren wurde, später
durch eine andere austauschen.( Noch einmal zum Vergleich: Nur in wenige
Fällen kann der Mensch in späteren Jahren eine Fremdsprache akzentfrei
sprechen lernen.)
Auch die Eignung für eine wesentlich früher
erworbene Kommunikationsform ist bei allen Menschen (Völkern) noch
zu beobachten: Vermutlich diente die Zeichensprache der Kommunikation,
bevor die Fähigkeit zur phonetischen Sprache entwickelt wurde. Es
fällt auf, dass die sprachbegleitende Gestik auch bei isoliert lebenden
Naturvölkern sich nicht von unserer unterscheidet.
Das zeigt, dass offensichtlich auch positive Elemente in uns schlummern, die nur erweckt und gepflegt werden müssen. Aber nicht einmal dazu ist das Ungeheuer Mensch fähig. Bleibt die Entwicklung weiterhin dem Zufall überlassen, könnte es eng werden, denn die sich für überlegen haltenden Völker haben über Jahrhunderte erfolgreich versucht, friedliche Kulturvölker zu konvertieren oder auszurotten.