Die Gaußverteilung oder Normalverteilung
wurde von Carl Friedrich Gauss (1777-1855) gefunden. Erfunden
wurde sie von der Natur. Natürliche Phänomene folgen im allgemeinen
der Normalverteilung. Darüber kann in jedem Lexikon nachgelesen werden,
der Griff zum Mathematikbuch ist nicht erforderlich (s. dazu auch im
Literaturverzeichnis: Ian Stewart, 1993: Spielt Gott
Roulette?) Wegen der charakteristischen Form der dargestellten
math. Funktion wird diese auch Glockenkurve genannt.
Darstellung
der Häufigkeitsdichte
Der Mittelwert der Normalverteilung ist u. Wenn x die Ausprägung
eines Merkmals beschreibt, (z.B. die Körpergröße
aller 50-60 jährigen männl. Mitteleuropäer) so zeigt die
Kurve das, was wir ohnehin wissen: Die große Mehrheit hat nur Mittelmaß.
Wäre der Größenbereich 1,50 m bis 2.00 m, so wären
ca. 70% im Mittelfeld zwischen den gestrichelten Linien, was ungefähr
einem Bereich von 1,65 m bis 1,85 m entspricht. Nur ca. 5% wären <1,55
m oder >1,95 m.
Die Normalverteilung spielt auch bei der rechnerischen Erfassungen
von Abweichungen in Fertigungsprozessen eine Rolle.
Hier soll noch ein interessantes Beispiel aus der Natur aufgezeigt
werden, das uns alle mehr oder weniger betrifft:
Die Verteilung der Intelligenz
Der Intelligenzgrad wird bekanntlich als IQ bezeichnet und kann gemessen
werden. Es gibt viele Messmethoden, die Genauigkeit ist sicher geringer
als bei einer technischen Messung. Die durchschnittliche Intelligenz hat
den Wert 100. Als normal begabt (mittelmäßig) wird der Bereich
von 90 - 110 bezeichnet. das sind ca. 50% von uns. Weitere 18% sind intelligent
(=gut: 110-120), 11% sind talentiert (=sehr gut: 120-140) und nur
1,5% sind genial (=hervorragend, >140). (Diese Angaben beruhen auf
Testreihen, L. Terman, Ch. Spearman). Zu ganz anderen Ergebnissen kommt
man, wenn man die Menschen nach iher Selbsteinschätzung befragt.
Wenn Sie zur Gruppe >140 gehören (das Gefühl reicht nicht,
Nachweis ist erforderlich), können Sie dem internationalen Club
MENSA
beitreten.
Springen sie bitte jetzt nicht aus dem Fenster. Denn wenn Sie die emotionale
Intelligenz besitzen, sind Sie möglicherweise erfolgreicher
als einige aus der Spitzenklasse. Denn diese haben es mitunter sehr schwer
mit dem Rest der Welt.
Und noch ein Beispiel zu einem Thema, zu dem wir alle unsere
Erfahrungen machen mussten (Ich träume manchmal noch davon):
Die Ergebnisse einer schulischen Klassenarbeit könnten wie folgt
normal
verteilt
sein: 50% befriedigend, je 20% gut oder ausreichend und je 5% sehr gut
oder mangelhaft. Das ist Theorie, in der Praxis soll es Professoren geben,
die die Note "1" für sich selbst belegen und erst mit der Note "2"
beginnen, aber es gibt ja auch sechs und nicht
fünf
Noten.
Für alle, die noch betroffen sind: Eine starke Abweichung
von einer Normalverteilung kann auch einen Hinweis zur Qualität der
Lehrkraft geben. Betroffene können sich gerne auf mich berufen, es
wird aber nichts nutzen. Andere mögliche Ursachen für eine starke
Abweichung von einer Normalverteilung sind im Kapitel über das naturwissenschaftliche
Weltbild ausgeführt.
So sehr wir auch von unseren täglichen Beobachtungen
her mit der Normalverteilung vertraut sind und diese auch als sogenannte
Exemplarstreuung
bei der industriellen Fertigung kennen, so wenig wird uns bewusst, dass
wir hier ein wesentliches Prinzip bzw. Geheimnis der Natur (der
Evolution) beobachten. Der größte Teil einer Art ist durschnittlich
(zeigt
wenig Abweichungen) und sorgt für die Erhaltung der Art. Denn
dazu ist eine Mindestmenge
(eine kritische Masse), bzw. eine möglichst
große Menge erforderlich (eine unkritische Masse?). Die Randbereiche,
also die Exemplare mit den größten Abweichungen, werden der
Umwelt zur Selektion angeboten. Und das ist, in Verbindung mit der Zuchtauswahl,
die einzige Möglichkeit für eine Anpassung an sich verändernde
Umweltbedingungen, bzw. für die Weiterentwicklung
(Verbesserung)
von überlebenstauglichen Merkmalen. Versuch und Irrtum ist
eine geniale Methode, auch die Industrie arbeitet danach. Es zeigt aber
auch die Probleme bei sich plötzlich und massiv verändernden
Umweltbedingungen auf: Die Art ist vom Aussterben bedroht.
Die Exemplarstreuung bzw. die Differenzierung
der körperlichen Merkmale un deren Weitergabe lässt sich auch
wie folgt beobachten: Bei fremden Menschen fällt uns deren unterschiedliche
Ausprägung auf (jedes Gesicht ist anders, Ohren, Nase, Augen, usw.).
In der eigenen Familie beobachten wir dagegen die Gemeinsamkeiten der Merkmale.
Im Nachhinein haben wir zuweilen den Eindruck, dass sich eine Art gezielt,
also durch eine geheimnisvolle Kraft gelenkt, weiterentwickelt hat. Aber
auch das Hervorbringen des (menschlichen) Geistes ist auf den oben
beschriebenen Mechanismus zurückzuführen, wir waren keinesfalls
das Ziel der Evolution. Die Verhältnisse im Universum lassen diese
Möglichkeit lediglich zu, es kann passieren, muss aber nicht. Eines
aber ist sehr unwahrscheinlich: Dass sich das gleiche Ergebnis (in der
gleichen Erscheinungsform) an anderer Stelle im Universum zeitgleich
noch einmal eingestellt hat (genauer: Dass ein solcher Kollege von uns
äußerlich nicht zu unterscheiden wäre).
Mehr als 6 Milliarden Menschen - verschieden
wie deren Fingerabdrücke. Gäbe es 6 Milliarden Lebensformen in
unserem Universum, wären auch hier zwei identische Formen unwahrscheinlich.
Wir sind nur ein kosmischer Fingerabdruck, unser (Selbst-)bewusstsein vielleicht
nur der Schnörkel in einer Linie. Unsere Erscheinungsform ist das
Ergebnis unendlich vieler, in einer bestimmten Reihenfolge aufgetretenen
Einflüsse und Entwicklungen auf unserem Planeten. Selbst wenn
ein anderer Planet sich genau so entwickelt hätte, würde das
sicher eine biologische Evolution ausgelöst haben, aber vermutlich
nicht zu einem homo sapiens geführt haben. Und wer meint, Funksignale
ins Universum senden zu müssen, kommt wenigstens nicht auf andere
dumme Gedanken.
Akt: 01.12.2001
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